Wasserhüsli

 
 

https://www.caratart.de/portfolio/item/tilo-tscheulin/

https://www.tscheulin-objektgestaltung.de/

 
 
 

 

Bilder von Pierre Likissas

Pierre LikissasKunstprojekt Wasserhüsli-Trioptikon (102 photos)

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Mi, 25. Juni 2014

Wasser, Feuer und surreale Vogelwesen

 

Der Bildhauer Tilo Tscheulin und Figurenmacher Johannn verzaubern mit Herzblut und finanziellem Einsatz das einstige Hägelberger Wasserreservoir.

Marmor für Frauen, Sandstein für Männer: Tilo Tscheulin (links) und Johannn (mit Vogelmaske) haben das ehemalige Wasserhüsli in Hägelberg in einen fantastischen Kunst-Ort verwandelt Foto: Roswitha Frey

STEINEN-HÄGELBERG. Der Kontrast könnte nicht größer sein: Draußen herrliche Natur, Vogelgezwitscher, Waldidylle. Wer dann in das zum Kunstkabinett umgewandelte Wasserhüsli in Hägelberg hinabsteigt, den erwartet eine geheimnisvolle Welt der fantastisch-bizarren Figuren, Objekte und Skulpturen, effektvoll beleuchtet in den dunklen Räumen.

Was der Bildhauer Tilo Tscheulin und der Figurenmacher Johannn – die drei "n" in seinem Vornamen sind Programm – im einstigen Wasserreservoir in Hägelberg geschaffen haben, ist ein Kunst-Ort von spezieller Atmosphäre. Davon konnten sich am Samstagabend die vielen Besucher der neuen Dauerausstellung überzeugen. Wasser, Feuer, Licht, Klänge von DJ Gabriel, alles war bei der Eröffnung der Schau geboten. Die Zahl der Arbeitsstunden, die Tscheulin und Johannn investiert haben, geht in den vierstelligen Bereich. Und sehr viel Geld aus dem eigenen Portemonnaie haben die beiden Künstler auch noch in das Projekt gesteckt. Für zehn Jahre hat ihnen die Gemeinde das Wasserhüsli überlassen. Im Oktober 2012 haben Tscheulin und Johannn angefangen, das Häuschen in einen Kunst-Ort zu verwandeln. Zuerst mussten sie es begehbar machen, sich durchbohren und durchhämmern, bis sie vier Räume auf drei Ebenen gestaltet haben. Zudem wurden 400 Quadratmeter Außenanlage terrassenförmig angelegt, mit Sitzgelegenheiten und sogar einem Tisch mit Bänken auf dem Dach des Häuschens. Überall verteilt auf dem Gelände sind Skulpturen, Konstruktionen, Objekte und Figuren der beiden engagierten Kunstmacher, die sich mit Herzblut, Ideenreichtum und Einsatz in dieses Projekt einbringen.

Empfangen wird der Besucher von dem monumentalen hoch aufragenden Brunnen "Equilibrium" von Tilo Tscheulin, einem beeindruckenden Werk mit konstruktiven und kreisförmigen Elementen. Wie Tscheulin erzählt, haben sich die drei Künstler der Gruppe "Trioptikon" zu einer Arbeitsteilung entschlossen: Er und Johannn kümmern sich um das Projekt Wasserhüsli, während Wernt Hann die Kunsthalle Brombach betreut. Eine Anspielung auf diese Situation ist Tscheulins Aktionskunst-Objekt "Zerreißprobe": ein Fahrrad, zwischen Bäume gespannt, mit Gurten befestigt. Ansonsten sind Stein und Stahl die bevorzugten Materialien von Tilo Tscheulin. So sieht man einen Quellstein, in dem ringsum Gesichter erscheinen. Im Eingang zum Wasserhüsli hängen eindrucksvolle Sandsteinreliefs wie der "Wassermann", der mit einem Krug Wasser ausschüttet, sowie das Porträt von Vidar, dem Sohn von Odin. Mythologisches, Kraftvolles, Archaisches setzt Tscheulin gern in Sandstein um. Zum edlen Marmor greift er, wenn er anmutige Frauenskulpturen gestaltet, wie die futuristische Büste "Amidala", ein fein modellierter Frauenkopf mit Kopfschmuck aus Draht und Glasstücken, für den eine Figur aus "Star Wars" die Anregung gab. Eher konstruktiv in der Formensprache, ist das schlangenförmig dynamisch gewundene Edelstahl-Objekt "Welle 109". Im Wasserhüsli zeigt Tscheulin auch Lichtobjekte und eine Wand mit Selbstbildnissen.

Für das Düstere ist Figurenmacher Johannn zuständig. Seine Figuren sind surreale, groteske, oft auch unheimlich und gespenstisch wirkende Kreationen aus Fundstücken, Metallmaterialien, ausrangierten Gegenständen, Maschinenteilen, alten Rohren oder Tierknochen. Aus diesen Materialien gestaltet, formt, schweißt Johannn eigenartige Wesen, halb Mensch, halb Tier, mit Vogelschnabel, Vogelkopf und krallenartigen Füßen. Johannn will gar keine große Interpretation geben, der Betrachter soll die aus der Fantasie entstandenen Fabelwesen und Figuren einfach auf sich wirken lassen. Eindrücklich sind die Baumfiguren mit Ästen aus alten Rohren.

Diese Baumobjekte wirken wie in der Erde hineingepflanzt. An einem Baumwesen schaukelt eine groteske puppenartige Gestalt. Im kellerartigen Dunkel des Wasserhüslis entfalten Johannns Objekte eine gespenstische Wirkung. Man entdeckt mechanisch bewegte Figuren aus Knochen, ein bewegliches Fabeltier mit Spieluhr, ein Objekt im Vogelkäfig oder die Installation "Für-Sorge", in der eine weiße Puppenfigur mit Spritze in einem durchsichtigen Kasten sitzt. Der Kreislauf von Leben und Tod spielt eine Rolle in Johannns rätselhaften Figurenobjekten. Um das Kunstprojekt Wasserhüsli zu unterstützen, soll ein Freundeskreis gebildet werden.

 

Öffnungszeiten: Bis Dezember ist das Wasserhüsli jeden ersten und letzten Sonntag im Monat von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

 

 

Steinen

Ein Kunstprojekt der ganz besonderen Art

Markgräfler Tagblatt, 24.06.2014 23:03 Uhr

Die Figur im Baum von Johannn. Foto: Markgräfler Tagblatt
Die Figur im Baum von Johannn.

Von Jürgen Scharf

Steinen-Hägelberg. Wer Kunst im Freien sehen will, muss 510 Meter hoch auf den Hägelberg. Dort hat er nicht nur eine „schöne Aussicht“, einen wunderbaren Alpenblick, dort gibt es seit dem Wochenende auch eine Galerie in der Natur rund um das von zwei Künstlern umgebaute Wasserhüsli.

Die Figur im Baum von Johannn. Foto: Markgräfler Tagblatt

Wenn ein Figurenmacher und ein Objektgestalter zusammenspannen, dann wird auch aus einem ehemaligen Wasserreservoir eine einzigartige Sache. Das Projekt Wasserhüsli ist eine Mischung aus Aktionskunst, „work in progress“ und Kunstgalerie. Der Bildhauer Tilo Tscheulin und Johannn (ein Pseudonym), der sich selbst Figurenmacher nennt, haben nicht nur den ehemaligen Pumpenraum begehbar gemacht, sondern auch die Umgebung mit Wegen terrassiert und mit Sitzgelegenheiten aufgewertet.

„Wenn alles wieder grün ist, ist der Platz ein Traum“, sagt Tscheulin am Tag der Vernissage. Viel Arbeit, Zeit und Geld haben die beiden Künstler in dieses uneigennützige Kunstprojekt investiert, Durchbrüche geschaffen, eine Treppe, die 400 Quadratmeter große Außenanlage, alles in Eigenarbeit. Die Gemeinde hat ihnen für zehn Jahre das Hüsli überlassen. Ein Teil vom Ursprungs-Wasserhäuschen blieb erhalten, alte Rohre wurden mit eingemauert, ein Geräteschuppen angebaut, ein Lagerplatz erstellt.

Zuerst musste noch das Wasser abgelassen werden, bevor man anfangen konnte und der Wasserbehälter zu einem reinen Ausstellungsraum wurde. Jetzt lädt schon von weither die große stattliche, aus Schwarzwaldgranit und Edelstahl bestehende konstruktive Brunnenskulptur „Equilibrium“ von Tscheulin ein – versehen mit Symbolen, Ornamenten und dem Logo des Bildhauers. Auf verschiedenen Ebenen und einem Plateau mit Bänken kann man unter einem falschen Plastikbaum, der fest mit dem Tisch verwurzelt ist, die Skulpturen auf sich wirken lassen. Bei Dunkelheit wird die Anlage beleuchtet.

Einige der Arbeiten kennt man schon von der Trioptikon-Ausstellung in Kandern, sie haben bei der Dauerausstellung in Hägelberg einen schönen neuen Platz gefunden. Johannn arbeitet gern mit Metall, Fundstücken, Vierkantrohren (wie bei seinem „Adam“) und geschweißten Gesichtern; auch Ketten werden mit eingebracht oder Schweißstäbe bemalt (Figur „Ludwig“). Manche der skurrilen, fantastischen Figuren sehen aus wie Vogelmenschen mit Schnäbeln und Krallen.

Neben solchen Krallenwesen entdeckt man Baumgestalten mit Ästen aus Metallrohren wie den „Ohneapfelbaum“. Neben Metall sind Knochen Johanns bevorzugtes Material; daraus gestaltet er kleine bewegliche Figuren, die oft gespenstisch-düster aussehen und in den dunklen, kellerähnlichen Räumen die richtige esoterische Umgebung finden.

Wenn man das Wasserhüsli betritt, steht man erst mal vor dem 900 Kilo schweren Sandsteinrelief „Wikinger“ von Tscheulin, das in vierstündiger Arbeit mit sechs Helfern – wie im alten Ägypten – von Hand angebracht wurde. Diese Plastik über die germanische Mythologie zeigt Vidar, den Sohn Odins und Bruder von Thor.

Über allem thront „Amidala“, eine spacige Dame aus Star Wars mit Draht und Glas im Haar. Eine Gemeinschaftsarbeit ist die „Zerreißprobe“ - wieder mehr Aktionskunst: Ein zwischen Bäumen mit Gurten festgezurrtes Fahrrad soll die Zerreißprobe verdeutlichen, die die Künstler nach ihrem Ausscheiden aus der Kunsthalle Brombach hinter sich haben.

Nun konzentrieren sich Tscheulin und Johannn voll auf das gemeinsame Kunstprojekt Wasserhüsli und hoffen, dass auch Resonanz von Seiten der Gemeinde folgt. Wer diesen Idealismus unterstützen will, kann Mitglied im Freundeskreis werden. Die Kunstgalerie im Wasserhüsli ist bis Dezember jeden ersten und letzten Sonntag im Monat von 14 bis 18 Uhr geöffnet, die Künstler sind anwesend.